queere Pin-Up-Vorlage für Party & Play

MEPHISTO, I’M FUCKING SOOO HIGH!

OK, dann sprechen wir jetzt über uns: Horny und high. Alles über Chemsex und Love, Party and Play. Die Mephisto-Texte sind Erfahrungsberichte, die allesamt von den Love Lazers gesammelt wurden.

Inhalt

Versuchung. Breitsein. Nahsein. Zeugnisse der bewussten Erweiterung. Mental state. Horniness. Sich ohne nicht trauen. Alleine zusammen ballern. Nichts mehr nehmen. Die positiven Effekte. Abfahrt, Absturz. Mephisto, der Faust vor den Augen der anderen Typen durchfickt. Spannung, Leistung, Widerstand. – Wir haben alles aufgeschrieben. Weil das Ungesagte schwer zwischen uns liegt. Eine Schicht auf der anderen. Geschichten. Von Sehnen. Suchen. Brennen. Darüber müssen wir reden.

Die hier vorliegenden Berichte zu Intimität und High-Sein beruhen auf dem Erlebten realer Personen (Name und Wohnort wurden teils geändert, Namen Dritter immer anonymisiert) und wurden von ihnen selbst oder von uns nach ihrem Erzählen aufgeschrieben. Wir wünschen uns Auseinandersetzung mit Rausch in unseren wirklichen Leben. Die Auswahl der Texte soll dabei nicht werten. Niemand den Konsum anderer verurteilen. Sondern offen sprechen über Chems und Sex, über unsere Bedürfnisse und unsere Limits, über (tabuisierte) sexuelle Übergriffe, über Ab- und Ausgrenzung allerorten. Über Einsamkeit, Probleme und Draufsein. Wir brauchen eine positive Perspektive: Was können wir voneinander lernen? Wie Spaß maximieren und wie Risiken reduzieren? Und wie haben es Faust und Mephisto getrieben? – Lebendig im Feuer. Sich gegenseitig verpfändet. Ewiglich wirkend. Und sooo fucking high.

Abdruck in Originalsprache. Alle Übersetzungen der Texte können ausgeklappt werden (einige nur in englisch).

Die Texte benutzen explizite Sprache oder Szenarien, was beim Lesen unangenehme Gefühle oder unerwünschte Erinnerungen auslösen (triggern) kann. Die Berichte geben allein die Erfahrungen und Ansichten der Berichtenden und nicht unbedingt die Meinung der Love Lazers wieder.

Die hier gesammelten Geschichten sind persönlich und subjektiv. Es ist nicht unsere Absicht, Stigmatisierungen Dritter eine Plattform zu bieten oder Stereotype zu reproduzieren. Wir veröffentlichen alle Texte auf die Gefahr hin, dass einige Darstellungen genau so verstanden werden könnten. Wir haben entschieden, keinen der Texte zu zensieren. Lasst uns darüber diskutieren!

> Weiterführende Informationen, Support, Ressourcen und Links zu Chemsex (am Ende des Textes)

Muskulöse Glieder und jede Menge Körperbehaarung

Baby, 27, aus Berlin, ist derzeit Austauschstudent in Antwerpen, Belgien, Er sagt, dass jede Pause eine gute Pause sei, aber sich wegzuschießen, darauf wolle er langfristig nicht verzichten.

Der Typ sieht total hot aus auf den Pics, und ich spitz und will den treffen zum Ficken. Der Chat läuft flüssig. War dann aber nicht sicher, ob der nicht total breit ist. Schließlich ist es Montag früh in Berlin und da sind online hier fast alle high. Naja, oder zumindest die Hälfte. Ich also schreibe (und find mich richtig kool dabei): DRUGS: YOU CAN. I HAVE BREAK. Die Antwort kommt prompt: THX. NO. I PREFER TO BE ON THE SAME LEVEL – Ja, und das wars dann. Chat over.

Ich mach jetzt seit einem halben Jahr Drogenpause, gar nicht mal abstinent gedacht, einfach Pause, und weißt Du was?: Das schwerste für mich ist, Sex zu haben mit Typen, die dicht sind und nichts checken. Dabei bin ich total offen.

A., 51, San Francisco, USA, nimmt seit 4 Jahren Methamphetamin nur noch 1 x im Jahr

Auch wenn die Nähe im Rausch nicht echt erscheint, vermisse ich sie doch.

Alejandro, 28, aus Sevilla/Spanien, betreibt einen queeren Blog und lebt in Berlin. Hier muss er sich immer wieder damit auseinandersetzen, dass Freunde oder potentielle Sexpartner mehr konsumieren, als er selbst.

Die Wohnung war voller Pflanzen. Auch in der Badewanne, in der Küche, in der Spüle. Die Gläser und das Besteck waren voller Erde. Es war wie eine Besessenheit. Die Tür hinter mir fiel ins Schloss. Mein Instinkt hatte mich gewarnt, dass etwas nicht stimmt. Ich war wie gelähmt vor Angst. Er ist ins Bad gegangen, wohl um sich zu waschen, für einen Fick. Ich nutzte die Gelegenheit und schrieb meiner besten Freundin auf Whatsapp, sie solle mich so schnell wie möglich anrufen. Ich habe gebetet, dass sie meine Nachricht liest. Der Junge und ich legten uns auf das Bett und er fing an, mich zu küssen. Plötzlich klingelte mein Handy. Es war meine Freundin. Ich spielte damals, was mir einen Oscar eingebracht hätte. Selbst Meryl Streep wäre eifersüchtig gewesen: vom Fahrrad gefallen, Bein gebrochen und nur ein wenig Deutsch. Ich bin aus der Wohnung gerannt. Am nächsten Tag bekam ich eine Nachricht von dem Kerl auf GayRomeo, dass mir diese schlechte Leistung niemand abnehmen würde. – Vielleicht bin ich doch nicht so ein guter Schauspieler, oder kann wie meine Großmutter nicht lügen. Ich habe ihn sofort blockiert.

Wäre ich heute ehrlicher? Ich wäre es. Wenn ich heute höre, dass jemand schlecht behandelt wird, kommt mir in den Sinn, dass ich einmal so respektlos war. Kann ich dann einfordern, mich oder andere mit Respekt zu behandeln? Aber in diesem Moment überkam mich die Angst, und vielleicht auch meine Unreife.

Andrea, 34, is working in IT, is a LGBTIQ-activist and likes to go to sex parties in Berlin.

The party just got started. Especially there, in the black room where I am heading to. Tens of bodies, squirming, grabbing each other, moaning, pleasuring, getting high, coming down. Some just smoke a cigarette, some others prepare a line on their phone. Someone is fully dressed, some others have never been dressed since they came. Some have a cock in their ass, some others in their mouth. Some of them have one in the ass and another in the mouth, the spitroast.

And then I’ll see you. I hug you, you hug me. I kiss you, you kiss me. I touch you, you touch me. I can taste your hole still wet from all those who came before me. Your eyes are blinking, moving in any direction. Your mouth cannot stop moving, but you don’t say a word. And on the other hand, what are the words for, in here? You’re so hot, possibly even more than high.

Your hole is soft and welcoming. It was just waiting for that, but I am pretty sure that I am not the first. In less than one second I was fucking you. Then someone grabs me. What the fuck, don’t you see I am busy? Unless you want to play with us, of course. But he doesn’t want to play. He just whispers to me „Don’t you see? My friend is not aware of what is happening.“ Well, no, I didn’t see at all.

Super hot, super sexy.

Caio, 35, verknallt sich schnell – besonders in Pärchen. Als Kind wichste er zu Jorge Amados „Capitaes da Areia“, einem Buch, das während der Militärdiktatur verboten war. Der Berlin-Brasilianer wurde 2006 positiv auf HIV getestet.

Meine Hilfiger-Unterhose fliegt in hohem Bogen über die Straße von einem Balkon auf den anderen. I LOVE YOU BOTH hatte ich mit dem Eyeliner von Mariella darauf geschrieben. Es ist Sommer. Gerade war ich von Brasilien direkt nach Sitges gezogen, eine Stunde südlich von Barcelona, zu Mariella, die dort in der Saison arbeitet. Ein Urlauberdorf voller schwuler Typen, alle auf der Suche nach anderen Typen. Homosexuelle Energie überall. Das Paradies.

Nachdem ich Sex mit ihnen hatte, bin ich in die beiden, einem Pärchen aus Manchester, total verknallt. Der eine tritt vor die Glastür und malt ein Herz in die Luft: Ich lese auf seinen Lippen: WE LOVE YOU TOO. Ich hoffe, die beiden wieder zu treffen. Doch es ist Sommer und zu viele heiße Typen im Ort. Der schwule Rummel im Ort läuft weiter auf Hochtouren, doch der Balkon wird leer bleiben. Dann werden sie weg sein. Abgereist.

Eine Woche zuvor ziehen die beiden genau vor meine Nase, direkt gegenüber in das Ferien-Appartment über der Gay-Sauna. Zwei nordenglische Skinhead-Typen, super-hot, blond und blauäugig beide. Und die weißen Badehosen! Ich kann gar nicht weggucken. Mein Traum von Europa! Ich also raus auf die Terrasse. Eine rauchen. Blicke. Dann nur in Turnhose raus zum Telefonieren. Lächeln. Dann die Kakteen, die eigentlich gar nicht gegossen werden sollen, sagt Mariella. Das ist wie Cruising. Schließlich ruft einer der beiden: HEY, WHY DON’T YOU COME OVER?! – Ich gleich rüber, aufgeregt, aber mehr als bereit für neue Erfahrungen – die sexuelle Befreiung: ein Dreier mit einem Pärchen! 

Ein wenig Small Talk, der eine drückt mir ein Glas Cola in die Hand. Prost auf Sonne, Ferien, Männer – der andere hat die Hand schon in meiner Hose. So geht Porno, von 0 auf 100: der eine fickt mich auf der Kante des billigen Bettes, während ich dem anderen einen blase. WOW, denke ich, zwei Schwänze in mir. Ich bin willig, aber was ich will und brauche, das weiß ich nicht mehr in diesem Moment. Alles viel zu geil. Sie machen das Programm. Dass ich high bin, ist mir nicht bewusst, ich kannte das nicht. Der Sex ist mega-geil. Aber wie bin ich dann eigentlich wieder rüber in meine Wohnung? Später rekonstruiere ich, dass die Typen mir G ohne mein Wissen verabreicht haben müssen. Ob ich das will, fragten sie mich nicht. Mein Bewusstsein war dann einfach weg, keine Erinnerung. Was G ist und wie es wirkt, werde ich erst Jahre später lernen. In dem Sitges-Sommer bin ich noch ungefähr 12 x verliebt: einmal Sex mit einem Typen und gleich komplett an ihn verloren – bis zum nächsten Typen. Naiv und glücklich. Ich fahre kurz aufs Land zu Nicolette, einer schweizer Pferdetrainerin, mit der ich neben meinen Abenteuern mit Männern eine Affaire habe. Doch das Pärchen vom Balkon geht mir nicht aus dem Sinn.

Das war der Sommer vor meinem positiven Testergebnis. Jahre habe ich die Verantwortung bei anderen gesucht: Haben mir die beiden das damals angetan? – Es dauert lang, bis ich begreife: Ja, so kann es gewesen sein, aber auch ich kann sie infiziert haben. Denn die Monate, bevor ich Brasilien verließ, waren keineswegs safe: Versteckter Sex, ich deprimiert und voller Schuld: kein Raum für klare Abmachungen. Auch wegen dieser Angst bin ich damals nach Europa gegangen. Heute weiß ich, dass Freiheit immer auch Gefahr bedeutet. Weniger die Gefahr, unwissentlich unter Drogen gesetzt zu werden oder sich einen Virus einzufangen. Eher die Gefahr in meinem und im Begehren der anderen zu verglühen.

Matteo (28), Italiener, Personal Trainer, lebt in London mit seinem Freund und ist oft in Frankfurt/M. Matteo weiß, wo es lang geht, auch in der Beziehung. Sein Freund hat nun vermehrt Verabredungen zu Chemsessions und steht auch offen zu seiner Vorliebe ein Sub zu sein. Das ist nicht einfach für Matteo: „Wie kann ich meine Beziehung retten?“

whatsapp chat
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Camillo, 29, video-artist aus Bogotá/Kolumbien und Mitglied des Vogue-Kollektives Tupamaras: immer, wenn er auf Parties auf Sex aus ist, passiert einfach gar nichts. Eines abends trank er Unmengen Aguardiente (kolumb. Schnaps):

Kann sein, dass diese Geschichte ganz anders war, denn ich war total betrunken. als sie geschah. Wahrscheinlich war das, was ich jetzt schildere, nicht so dramatisch, aber vergessen kann ich es nicht.

Es war mein 25. Geburtstag: eine Depeche-Mode-Tribute-Party mit billigem Schnaps und meinen verrückten Friends – der perfekte Abend, um es zu übertreiben. Zu erwarten war das Allerschlimmste, oder das Beste, wer weiß das vorher schon.

Ich hielt dem Alkohol den ganzen Abend über die Stange und war entsprechend früh ziemlich betrunken. Ich ging in den Raucherbereich, um eine zu rauchen. Ein wild aussehender Punk rauchte dort auch. Lederjacke, Stiefel, Jeans – Ich sagte zu meinem Freund: „Ich mag diesen Punkero“.

Mit angetrunkenem Tuntenmut – zu allem bereit – ging ich direkt auf ihn zu. Ohne zu zögern, forderte ich ihn auf, mit mir zu tanzen. Seine Antwort war NEIN. Seine Zurückweisung machte mich aggressiv und beharrlich. So fragte ich noch einmal und bekam erneut ein klares NEIN. Doch diesmal stand er auf, stieß mich zurück und verließ den Raucherraum, als wollte er weiteren Schwierigkeiten aus dem Weg gehen. Ich bin mir dann nicht sicher, was danach passierte. Sein Stoß war nicht stark genug, um mich umzuwerfen. Wohl haben Freunde oder mein Boyfriend eingegriffen, damit es nicht zu tätlichen Auseinandersetzungen kommt. In meinem Kopf war nur Wut und … das schreckliche Lachen meiner Freunde. Die machten sich über mich lustig, weil ich von einem süßen, wilden Punk einen Korb bekam und meine Einladung zum Tanz ablehnte. Ich war so beleidigt wie damals auf dem Schulabschlussball als Teenager mit gebrochenem Herzen! Wenigstens waren mein Gesicht und mein Arsch unversehrt.

Meine Wut wurde durch noch mehr Schnaps, Zigaretten und Tratsch angeheizt, bis ich – Precious oder Policy of truth in meinen Ohren – unter einem Tisch landete.

Er war noch nicht mal süß. Betrunkener Tuntenkram. 

Vier queere maskuline Typen

Fritz (48), Tierpfleger und Barbetreiber aus Berlin und Barış (29), Bildhauer und DJ aus Bremen feierten zusammen in einem Club.

beide ziehen wir reichlich keta + reden + reden + gleich vom klo direkt auf den floor. statt tanzen, reden wir immer weiter. wir sind sehr engagiert dabei, während sich um uns herum alles verbiegt + verdreht. mitten auf dem dancefloor! die hi-hats scheppern. es ist viel zu laut hier direkt vor den boxen. wir versuchen dann stundenlang dieses eine, nicht lang zurückliegende missverständnis auszudiskutieren. auf der couch, auf den barhockern, dann wie klebend unter der decke, von der der schweiß tropft, in der schlange vorm klo. es gibt unendlich viel auszusprechen. eigentlich kein streit, eher zwei wahrnehmungen, deine + meine. wie das so ist: dicke freunde, da geht nix dazwischen. zusammen breit. auf keta total verdreht. alles richtig gemacht. als würden wir frei fallen. wie durchs all hindurch, in dem unsere wörter wie echos verhallen. was bedeuten sie nur?

dann schließlich – endlich – nach stunden + stunden endloser klärung, so gründlich wie wohlwollend, einigen wir uns darauf, dass wir das beim nächsten mal besser machen werden. dass das so nicht noch einmal passieren kann und wird. dass wir daraus lernen. nicht tagelang warten, bis wir ein ähnliches problem besprechen.
“tagelang?” – wir schauen uns an + dann wird uns beiden plötzlich klar, dass hier subjektiv logisch irgendetwas nicht stimmt: “ACHSO, du redest gar nicht über vorhin, als wir zum club aufgebrochen sind.” – “nein, wieso? ich rede über unser gespräch von vor zwei wochen!”
als wir das checken, schmeißen wir uns auf den boden vor lachen. OMG, wie kann so etwas nur passieren?

uns beiden fällt heute, jahre später, nicht mehr ein, worum es damals eigentlich ging. was wir da gefühlt haben, daran erinnern wir uns jedoch noch genau.

Médéric, 28, doesn’t have grindr on his phone. 12 months, no drugs, 3 relapses. Back from Montreal after two years, he is living in Paris and works in communication now.

Night. Boredom. Loneliness. I am here, and I am elsewhere. I don’t know anymore. Fighting against you. You – my inner voice, deep inside me.

It’s been nine months since I took anything, the time of a cycle, my little pregnancy. It is far away and very close, a question of point of view and the time in my mind has burst: it doesn’t look like anything anymore. I know it passes but sometimes I feel like I’ve missed several months.

A dinner with friends that has transformed into a ‘before’ on the cocaine tracks. My friends will understand that I don’t take it and then I can have fun without drugs.

I’m not out of business, because this balance is fragile. I will not be alone, but this fight is mine and I’ll be the only one to hear you taunt me and I take a line to ensure your silence.

We end up in this club. Immediately I don’t feel in my place. I see bodies dancing, swaying, waving. I see jaws clenched and muscles tense, eyes closed, lips dry. It mates, sticks, brushes, comes in contact or avoids. I don’t know where to put myself, what is expected from me.

Finally, one of us decides that we have made our time and that there is nothing more to hope for this evening. You take advantage of this moment to start waking up despite the powder in my nose.

I sneak into the cloakroom, hoping it will not be too long and you’ll fall asleep again. I take my stuff and leave. I don’t know what to do. An unknown girl and I share a taxi. On the street once again alone, I still don’t know what to do. Walking, smoking, you’re awake. Once at home, I go around in circles.

You win the first round: I download, profile and drag on the apps. I wish to find no one to satisfy your urges. Too late, chatting fast and effective. Find excuses to give you reason and they become credible, tangible. I finally cave in.

He doesn’t live far, I come over. I pass to the ATM for money to participate and play.

I walk, always this dilemma ready to leap on the slightest doubt to give up and shut you up. My body does not want but never wanted. He tries to keep my mind from listening to you by hurting me: acid reflux, nausea, cold, tremors. My stomach contracts but nothing comes out. I give up, you won, this night is yours.

A shabby apartment that a few years ago I would have left as soon as possible. I don’t really like him but it’s mutual: a minimum attraction and the gleam in the look. Things are clear: no details, we are both looking for someone to accompany our hobby, another body to project our fantasies and train in lust. Go further, trained by the substances that liberate our most sordid imagination.

It’s not about sharing, it’s about feeling something. With someone. But not with you anymore.

Paule, 30, ist bi, wohnt in Berlin und singt mit Freund*innen einmal die Woche im Chor.

Nach 1000 Jahren mal wieder ins Läbble. Bin alleine unterwegs. Erstmal aufgeregt und überfordert. Ich bekomme den Kopf einfach nicht abgestellt und bin die ganze Zeit am selbst reflektieren. Ein Typ lässt sich von sechs anderen Muskelmännern durchnehmen. Bare. Dieser heimliche Gedanke von: Das würde ich auch gerne können – mir stundenlang so das Hirn rausvögeln. Wie machen das die anderen? Ich trinke ein paar Bier und ziehe alleine ne Line Koks. Muss mich erstmal aufs Level bringen. Dann lerne ich diesen Typen kennen. Oberkörperfrei, krasse Muskeln, guter Küsser. Plötzlich ist alles ganz easy. Schwänze raus, rummachen, Team bilden, einen anderen zu zweit durchnehmen. Noch nen Drink, noch ne Line. Wie sollte man so eine geile Nacht enden lassen? Ich frage ihn: „Wollen wir zu dir?“ In seiner Wohnung fragt er mich: „Bock auf Tina?“ Ich bin kurz überfordert, aber gleichzeitig leicht high und daher: „Nee, ich nicht, aber mach du ruhig.“ Ich will, dass es cool ist –  ich will, dass es ok ist. Es ist ja sein Ding und wenn er da jetzt Bock drauf hat – warum nicht? Der Typ setzt sich ne Spritze, wir vögeln, aber ich merke, dass ich eigentlich überhaupt nicht drauf klar komme. Das Kopfkino arbeitet. Wie bin ich hier reingeraten? Was mach ich hier eigentlich? Die Gedanken kreisen. Ich fühl mich plötzlich unglaublich scheiße und muss an S. denken. Der ist letztes Jahr an seinem Geburtstag im Club kollabiert. Die Beerdigung war eine Woche später, in einem kleinen Kaff in Norddeutschland. In der Kapelle lief ein Elektro-Track. Mann war das traurig. – Also: Was habe ich hier zu suchen, mit diesem Typen, der sich gerade CrystalfuckingMeth gegeben hat? Und warum hab ich so ein Problem mit dem Konsum anderer Leute? Irgendwie will ich nur weg hier, mein Magen zieht sich zusammen, alles zu viel. Draußen, Karl-Marx-Allee, die Sonne viel zu grell. Die Straße ist so breit wie ich. Walk of shame an einem normalen Berliner Samstag. Runterkommen und nachdenken über mich und mein Leben. Was will ich eigentlich WIRKLICH? Und ein paar Tage später stehe ich wieder mit ein paar Leuten auf dem Klo, das Smartphone mit den Lines drauf geht rum und ich denke:  Zum Glück bin ich nicht so fertig wie der Typ mit der Spritze neulich.

Georg, 34, arbeitet in einer Bar und gelegentlich hier und da. Er wohnt in Köln und steht auf Leder.

Ok, reden wir über mich. Seit ich nach Köln zurückgezogen bin, weil meine Beziehung vorüber war oder, besser gesagt, mein Freund sich getrennt hat, das war ein riesengroßes, dunkles Loch lange, seitdem nehm ich Drogen ganz anders als vorher. Ab und zu auch allein. Die Dating-Apps laufen, aber es kommt zu nix. Ich mach dann so ein bisschen Session mit mir selbst. Welche Substanz, das ist da eigentlich nicht so wichtig. Alles außer Downern. Ich slamme auch ab und zu. Ich krieg meine Sachen hin, aber das ist eben Zeit für mich, mit mir. Keiner redet mir rein. Qualitime. Hier muss ich nicht funktionieren, mit und für andere. Find ich alles eigentlich auch nicht so problematisch. Ginge das aber rum im Bekanntenkreis, es wär ein Mega-Problem. Also läuft das heimlich, ein riskantes Spiel. Es darf nicht rauskommen, das machts noch zusätzlich scharf. Der Druck ist aber riesig. Und mein Highsein ist komplett angesext, es gibt eigentlich kein Breitsein ohne Fickenwollen. Klar, da frag ich mich: “Was bedeutet das?” Alleinsein, um mich nicht zwischen anderen allein zu fühlen. Highsein, um sich vorzustellen, mit jemandem intensiv und echt zusammen zu sein. Wie soll ich denn einen Typen finden, der das mitmacht?

bereit zu Slammen

Leo, 23, aus Malta, ist erstmal nicht mehr auf den Dating Apps unterwegs, weil er denkt, dass er sie derzeit nur abhängig und missbräuchlich benutzen kann, was bei ihm zu einem Gefühl der Unsicherheit führt.

Der Orgasmus gehört mir. Auch wenn ich ihn einst ab und an gern jemand schenkte. Ein Touchscreen. Eine Person. Eine Wand. Eine Hand. Ein Mund. Ein Gesicht. Mir war eigentlich nicht genau klar, warum ich das alles einfach so rausgegeben habe. Dann wurde mir mehr und mehr bewusst, wohin das führt. So oft hab ich das alles fortgegeben, ganz ohne Grund, und das war dann der Moment, wo der Teufel dreckig lachte.* Jetzt behalt ich das lieber für mich, für jemanden oder einen Moment, bei dem ich das Gefühl habe, dass es zu etwas führt. Mir war nicht bewusst, dass mir mein Orgasmus weggenommen wurde, direkt vor meinen Augen. Mir war dieser Vorgang einfach nicht klar. Das ist Diebstahl. Ich mach jetzt erstmal Pause und schau später, was passiert.

* Das Lachen des Teufels (devil’s laugh): Die Klarheit, die du fühlst, nachdem du gekommen bist (einen Orgasmus hattest).

Andrés (31), from Bogotá, was writing this text during a road trip in California. He broke up with his bf right before last New Year’s Day.

We turn on the radio,
there is speed, there is lust.
So cold. And not empty.
You fuck me, you lie by my side.

There is a river,
more cocaine.
We feel the night.
and we have sex.

So hot
and now empty.
I’m sick,
red points everywhere.
You stay there.

Acid, acid, acid,
there are big buses and again.
Here is the night.
Then we dream, dreamt.
We both have each other.

There is the moon,
full moon.
All we can see are lights.
and we do not sleep.

And now,
there is the sea.
Are we walking or swimming?
I cannot remember.

Everything is faster,
electric.
Animals everywhere,
and the gloom.

The turn of the death.
The Big Sur cliffs,
and it felt like a kiss.
The days,
our love.

Viktor, 31, 17 Jahre drauf, 5 Jahre Nadel, 6 Monate clean.

Ich hatte dich gern, bei dir war ich sicher. Du hattest mich gern. Du hast Mona geliebt. Du hast Mona umgebracht. Begreif das erst hier und heute in der Klinik, wie sehr mich das prägte. Wie sie mich fast erdrosselte, diese frühe Geschichte. 

Wieviel Blut kann eigentlich aus dem Arschloch fließen? – Stell dich nicht so an. Tiefrot zwar, aber das ist wohl vor allem J-Lube, denke ich. Oder? denke ich.

Bei ihm ist das immer so. Ich finds geil, sagt er.
Er war mein Seelenhirte: Mein erster Slam, wie genagelt ans Kreuz, schmeckte nach Mond. High. Higher. Aber geil war ich nicht.

Keine Vene mehr offen. Stich einfach hier nochmal, egal.

Auf jedem Arm steckt ein Kerl. Wunderschöne Monster. Beide so kalt wie Ich.

Lass mal was Unmoralisches machen, sag ich und will.

Aus Blitzen im Gehirn werden Krämpfe im Bauch. Auch aus den schönen Bildern, denen aus der Kindheit, die mit dem Zaun und den Blumen. Alles wird Wahnsinn. Der nicht mehr weggeht.

Scheiss mir ins Maul, das will ich nur bei dir, sagst Du. Flying high. Ich war noch nie so hoch wie bei Dir. Für mich wars den Preis nicht wert. Protagonist unter Protagonisten. Alle ich, alles mein Leben. Aus Gestank wurde Duft und aus Duft wieder Gestank. Aufwachen ist Verstehen ist Sterben.

schwul besetzter Fahrstuhl

Arne (43), IT-Typ aus Ludwigshafen, in Rostock aufgewachsen: Er lernte segeln, bevor er schwimmen konnte. Mit seinem heutigen Freund ist er seit 18 Jahren zusammen und seit einem Jahr verheiratet.

Wir hatten Kekse bekommen, Roland Schulz und ich, waren bei der Coming-Out-Gruppe im lokalen Schwulen-Zentrum, er 17, ich 19. Wir hatten beide keinen Plan, irgendwie sollten die Kekse wie „vorglühen“. Alkohol mochten wir beide nicht und Hasch, – das klang gut. Wir sind dann hoch zur alten Stadtmauer, am Schlüter-Denkmal rumgemacht, hell wars noch, Hochsommer, alle konnten uns sehen, alle fanden das gut. Auf einmal war alles ganz leicht – sind uns an die Wäsche, richtig wild. Da haben die Kekse schon gewirkt, ich war sofort verliebt. In der Petri-Kirche, das war ’96, da war schwul-lesbische Disko, in der evangelischen Studentengemeinde, wir da rein, an Tanzen war nicht zu denken. Es war so heiß, Roland war so heiß. Also hoch auf die Empore, hinter die Orgel, das perfekte Versteck. Jeans runter, Zungen überall, von Ficken keine Ahnung. War auch nicht so wichtig. Aber kein Halten, alles war so lustig, alles war richtig. So kannte mich keiner, ich auch nicht.

Als wir aufwachten, war die Musik aus. Alle Leute weg. – Scheiße. Die schwere Holztür verschlossen und wir allein im kühlen Seitenschiff. Zerbrochene Flaschen noch auf dem Tanzfloor. Wie wir dann rausgekommen sind, das weiß ich nicht mehr. Ich hatte nur Augen für Roland. Das war mein erster Sex.

Octavio, 28, Songwriter aus Rio de Janeiro (BR), hat in Berlin studiert. Während eines App-Dates wurden ihm psychoaktive Substanzen ohne seine Zustimmung verabreicht. In der Krankenhaus-Notaufnahme riet man ihm, den Vorfall zur Anzeige zu bringen. Damals sagte er: “Schreiben wird nicht helfen, aber ein Therapeut.”

GuiLty aS Dream
Auf der Trage sitzend
Fragte er mich
Was ist passiert? Woher weißt du, was er getan hat?
Das Urteil stärker als sein schlechtes Englisch
Tut mir leid für sie
Aber haben sie nach Drogen gefragt?
Kennen sie ihn?
Sollten sie sich nicht selbst Drogen besorgen?
Können sie sehen, was sie sehen?
Selbst schuld, weil ich ein Opfer bin
Kann ich LSD in den Drink haben?
Darf ich um ein Trauma bitten?
Für all die Halluzinationen?
Verfolgen sie mich?
Tun sie mir weh?
Verurteilen sie mich?
Sie sind
Du bist
Was wollte er damit bezwecken?
Ich bin zerbrochen und werde nicht wissen warum.

[14:22, 9.4.2019]

Anonymer Slammer auf tumblr.com, September 2019.

Am meisten kickt mich das Risiko, das jede*r von uns jeden Tag eingeht. Jedes Mal, wenn ich die Nadel an meinen Arm setze, setze ich mein ganzes Leben aufs Spiel und – irgendwie krank – fühle ich mich so lebendig wie nie sonst, weil ich dem Tod so nahe bin. Als verlangsame sich die Zeit, zitternd auf die Eruption von tiefem Rot wartend, die sich ergießt, wenn ich den Punkt treffe. Die Ader finde ich mit Leichtigkeit – das habe ich schon oft gemacht. Wenn ich dann den Kolben immer weiter nach unten drücke, kann ich fühlen, wie mein Herz zittert. Jede Sekunde könnte meine letzte sein, und trotzdem drücke ich durch bis zum Ende. Denn in diesem Moment – wenn der letzte Tropfen in meine Blutbahn gelangt – entgleitet die Welt und es gibt nichts als Glückseligkeit. Es nimmt mir buchstäblich den Atem; ich huste. Während ich die Nadel mit zitternden Händen herausziehe – meine Atmung ist flach und unregelmäßig – taumle ich am Rande von Leben & Tod. Hier gehören WIR hin.

The High And Horny Berlin Shots - 4 von 12 – Fotografiert von Matthias Wehofsky, Berlin Alexanderplatz, 2020.

Jan (43), Geograf und Südamerika-Aktivist, wohnt in Freiburg (BR) und ist auf den Cruising Apps dieser Welt zu Hause.

[Neulich, montags, an Fetisch-Ostern
in Berlin auf Grindr]

Soll ich nun rumkommen
bei Dir oder nicht?

wenn du 3 Ladungen
schaffst, kriegst du die Krone.

machst mir Koka in die Fotze,
steht sie offen wie ein Scheunentor.
Dann geh ich richtig ab.

musst aber noch was
zum Zudröhnen mitbringen.

Na hör mal, ich bin doch
nicht Dein Drogentaxi.

[Stunden später]

ja, sorry, da war ich
nicht ganz klar vorhin.

wart mal kurz, skype
gerade mit Kolumbien

Colombia?
Kurierdienste?

[Ich bin empört.]

Nee. Quatsch.
Muss meine Reise nächste
Woche dorthin organisieren.

bezahl dir das auch. Was für
Aufpäppelkrams hasten noch?

[mein Interesse an dem Typen:
nun nahezu bei Null]

Also dann kommste
nicht, wa? bin auch platt.

nein, klingt stressig.

3 x abspritzen in 1h wär
auch ziemlich anstrengend.

das meinte ich nicht, sondern,
dass ich Dein Drogentaxi spielen soll.

hätte auch meins anrufen können.
wir können das nächste Woche
noch nachholen.

nee, da bin ich doch unterwegs.

Na, dann bring mir mal was
Reines von dort mit.

[Ende der Konversation]

Cesc, 30, aus Barcelona. Er arbeitet als Maurer. In seiner Freizeit malt er Ölbilder. Obwohl er bei Sex-Dates normalerweise keine Chems konsumiert, ist es für ihn kein Problem ist, wenn die anderen high sind.

Pandemie. Krise. Das ganze Land in Lockdown. Die Party wurde in einem Akt der Verantwortung abgesagt. Im Bett, ein letzter Blick auf Grindr. „Hey, ich bin mit einem anderen Kerl hier, kommst du rüber?“ Derselbe Typ, den mein Freund mir neulich zeigte und  in den er sich verliebt hatte. Na und? Niemand gehört niemandem, und es ändert auch nichts, ist doch nur Sex. „Wo?“ – „In meiner Wohnung.“ 

Die beiden warten nackt auf mich. Beide konsumieren was, ich nicht. Sie bieten es mir an, ich will jedoch nicht. Wir ficken, umarmen uns, ficken wieder. Das fühlt sich perfekt an mit uns dreien. Nach einer Weile kommt ein vierter Typ dazu. Meine persönliche Freiheit ist in diesem Moment wichtiger als die uns allen auferlegte soziale Distanz. Die Sonne scheint durch das Fenster herein. Ist es schon Tag? Wie lange schon? Wir sind fertig. Einen Fick, an den ich mich lange erinnern werde. Wir gehen ungewohnt gut miteinander um – für ein Gruppensex-Date. 

Sex steht immer an erster Stelle, vor allem anderen: vor meinen Verpflichtungen als Mitbürger oder Freund, und vor mir selbst, vor meinem Körper. Ich hätte einen Freund, in den ich mich verliebt habe, als Freund verlieren können, ich hätte auch das Corona-Virus übertragen können, und das Schlimmste ist: ich möchte es bereuen, kann es aber nicht. Sicher  würde ich es nicht noch einmal tun. Noch immer zahle ich diese Schulden ab. Vielleicht ein zu hoher Preis.

Mephisto, 271, Commandix auf TransCapsule QRT2447, zwei Monate Rückflug im HyperDrive, allein an Bord (was deshalb gleich als Quarantäne zählt), endlich ein halbes Jahr Erd-Urlaub. Sein Erfahrungsbericht ist der einzige fiktionale in dieser Sammlung. Mephisto ist bekennender Chemsexonautix und lässt nix anbrennen.

Soeben reingegleitet. Und gleich mega-dicht und drei Zungen in meinem Arsch. Bei der ersten Gelegenheit gleich, war ja klar, aber so kenn ich mich: Ballern. Hab mich ja auch seit Monaten drauf gefreut. Eine Session im AnthropoCenter AL PARKER, die machen jetzt auch Sex-O-Balance Chem-Retreats, und das nicht nur mit VR, man kann da bis zu sechs Leute mitbringen, zählt sogar als Arbeitszeit: „Regeneratives Utopietraining“. Endlich wieder Rumficken, es ist der Wahnsinn. Der letzte Kick dort sind jetzt Pheromon-Shots, man kann sogar historische Chemsex-Aufstellungen machen. Mein alter Kompagnon Faust ist mitgekommen, das ist besonders toll, so attraktiv, dieser Typ, immer noch, nach so vielen Jahren. Wir sieben einigen uns dann auf die Antibody-Shots und bestimmen, wer aufpasst. Das ist jetzt Regel, dass eine Person während der Session nicht mit konsumiert, meist wird gewürfelt. Sie assistiert uns, sollte etwas schiefgehen, und dokumentiert für die spätere Auswertung. Aber mit rummachen soll sie trotzdem, sind ja schließlich alle zum Spaß da. Diese Praxis mussten wir über die Jahre erst einüben. Alle sind immer total scharf auf den jeweiligen Trip-Attendant: der ist irgendwie immer im Zentrum der Action, nie draußen, Teil unseres kollektiven, geilen Körpers für die nächsten 24h.
Ich spitz wie auf Anschlag: Meine Nylon-Turnhose droht gleich zu platzen, knutsche wild mit einem, einer schwulen Amazone, und die anderen machen mit. Ist das da ein Schwanz oder ein Homogramm in meiner Hand? Schon werden die Shots eingeleitet, – ich abgetaucht in Fausts Brusthaar, direkt vor meiner Nase, rieche, schmecke, lecke, keuche. Fucking real, alles …

Acht lange Wochen unterwegs zurück zur Erde, allein auf dem Flug diesmal, verbringe ich Tage auf dem viel zu engen Panorama-Deck. Abhängen in der Schleuderkapsel, es gibt nicht viel zu tun. Denke viel nach (Was kommt nach dem Kommunismus?) und zähle die finsteren Sterne. Klar, es gibt all diese interstellaren Cam-Groups, Sex-Streams, Live-Foren. Hatte sogar kurz einen Sex-Bot als Fuck-Buddy. Aber es langweilt mich alles. Es sind auch alle möglichen Psychoaktiva in der Bord-Apotheke. Gestern hab ich mir SensuKetamin DR geknallt. Das soll auf der Erde angeblich außerhalb von Darkrooms gar nicht wirken. Mein Rausch war so retro, meine Horniness komplett fragmentiert. „Irgendwann lässt sich das auch nicht mehr wegwichsen“, sage ich zu Faust am Videofon: „Was soll auch der Spaß sein am Alleine-Ballern?“ antwortet der. Gut, dass ich mit Faust reden kann, wenn ich mich einsam fühle. Auf der Raumstation ist das anders. Wir sind zwar nur zu viert dort, monatelang, aber dennoch fühl ich mich nie allein. Offen gesagt: Der Flug nach Hause ist für mich immer eine Tortur – die Quarantäne meine härteste Qual!

Das erste, was ich machen werde auf der Erde, wird ne Session sein! Gleich logge ich mich ein bei ChemZoom auf der Suche nach Typen, die mitmachen. Wochen im voraus. Dieses Vorplanen macht mich wahnsinnig und tagelang rattig. Das als Vorfreude zu genießen, muss ich noch lernen. Drei Zusagen hab ich schon und wir alle ein Date!
Es war ein langer Tag heute – so penn ich dann weg im milchstrassigen Nebel.

Ich steige aus dem Airporter, atme die Luft dieser Erde. Sommer! Die erste Person, der ich begegne, ist ein drahtiger Typ vom Bodenpersonal, schwarze Haare, kurzärmelige, braune Uniform, griffige Oberschenkel, das Hemd fast aufgeknöpft bis zum Nabel – zu hot, ich kann gar nicht wegschauen. Könnt‘ ich gleich einladen zu unserem ChemRetreat, mit uns allen zu ficken! – Zur Übergabe meines Handgepäcks tritt diese strahlende Lichtgestalt auf mich zu und legt mir ihre rechte Hand auf meine linke Brust. Ich erwidere die Geste und lege die meine auf seine. Warm fließt es durch mich hindurch, von einem zum anderen und zurück. Es ist seit kurzem so üblich auf der Erde – nachdem die letzte große Pandemie überstanden war – sich zu begrüßen mit dem Auflegen der Hand auf das Herz des anderen. Er schaut mir tief in die Augen und sagt: „Willkommen auf Planet Erde, Commandix Mephisto!“. Es durchströmt mich, ich kriege sofort eine Latte. Und denke: Endlich wieder körperlichen Kontakt!

bereit zum Rummachen

Informationen

INFO UND BERATUNG

Wir bieten keine Beratung zu Drogen bzw. Chemsex an. Bei den Drug Scouts (drugscouts.de) findest Du tausende Erfahrungsberichte von Usern (nach Themen und nach psychoaktiven Stoffen geordnet). Dort gibt es auch gute Substanz-Infos inklusive Safer-Use-Tipps und online Antwort auf Deine Fragen. Detaillierte Informationen zu Mischkonsum, seinen Wirkungen und Gefahren gibt es auf DrogenGenussKultur (drogenkult.net). Infos und Beratung zu Chemsex gibt es in verschiedenen Sprachen bei Mancheck (mancheck-berlin.de). Du findest das Projekt auch auf Parties überall in der Berliner LGBTIQ-Szene und bekommst dort Info-Flyer sowie Safer-Use-Utensilien wie G-Dosierhilfen (für GBL/GHB-Konsum), Zubehör für Safer Sniefen (Konsum durch die Nase) sowie Slam-Packs für intravenösen Substanzkonsum.
Der Berliner Checkpoint am Hermannplatz ist Anlaufstelle zu Fragen zur psychischen Gesundheit, zu (problematischem) Drogen- oder Alkoholkonsum sowie sozialen Aspekten und allen Fragen um HIV, sexuell übertragbare Infektionen (STIs) und Safer Sex. Das Angebot richtet sich an Männer, die Sex mit Männern haben sowie an queere Personen, Transmenschen und Angehörige.

ERSTE HILFE

Chemsex First Aid (deutsch, english, spanisch, französisch):
davidstuart.org/chemsex-first-aid

DRUG CHECKING

… befindet sich in Berlin derzeit im Aufbau (startet im Laufe des Jahres 2020). Dort kannst Du Deine Substanzen künftig auf Reinheit und Dosierung gecheckt werden. Bis Du die Resultate abfragen kannst, wirst Du voraussichtlich bis zu 3 Tage warten müssen. Ein mobiles Labor, das Drogen direkt vor Ort auf Parties/Festivals testet, ist im Moment noch nicht geplant. Drug-Checking-Resultate (Warnmeldungen) findest du auf drugscouts.de

KONSUM VERÄNDERN/ PAUSE MACHEN/ KONSUM EINSTELLEN

Einen Online-Fragebogen/Leitfaden (in 22 verschieden Sprachen) kannst du selbst ausfüllen (bei davidstuart.org)

Für alle, die ihren Konsum reduzieren oder ganz einstellen wollen, bietet die Berliner Schwulenberatung Einzelberatungen und regelmäßige Gruppen zu Chemsex, therapeutische Angebote, betreute Wohnformen usw.

Wenn Du Angebote suchst, die Deinen Konsum grundsätzlich akzeptieren, empfehlen wir, dies bei der ersten Kontaktaufnahme direkt abzufragen, da etliche Einrichtungen abstinenzorientiert arbeiten. 

SAFER USE


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© Love Lazers 2020. Alle Rechte liegen bei den Verfasser*innen der Texte und den Love Lazers. Foto-Serie „The High And Horny Berlin Shots” von Matthias Wehofsky, Modelle: Sergio, Tristan, Cristian. Konzept: Falk. Übersetzungen: Iván, Alejandro, Phiiivo, Sergio, Jérémy, Andrés, Médéric, Alessio, Andrea, Gautier, Jacob, Dr. Nihil, Falk, Cristian, Fabian, Yam. Danke allen! Wenn Du eine eigene Geschichte für Mephisto II hast, kannst du sie uns schicken an mephisto@lovelazers.org (auch anonymisiert). Wir behalten uns vor, Texte zu kürzen und eine Auswahl zu veröffentlichen. Abwertende Darstellungen haben bei uns keinen Platz.