Tupamaraz On The Streets 01

PrEP, Warum? (Manifest)

PREP MANIFESTO

Autor: SPIT! (Sodomites, Perverts, Inverts Together!) – Carlos Motta, John Arthur Peetz, Carlos Maria Romero

Jahr: 2017


  • Weil AIDS nicht vorbei ist
  • Weil die AIDS-Krise in der entwickelten Welt fälschlicherweise als “kontrolliert” wahrgenommen wird
  • Weil AIDS die Grenzen zwischen Klasse und Herkunft, Arm und Reich, Schwarz und Weiß neu definiert hat
  • Weil AIDS die Grenzen zwischen Nord und Süd, Stadt und Land, gesund und krank neu definiert hat
  • Weil das PrEP-Regime das politische, soziale und kulturelle Gefüge um HIV und AIDS spürbar beeinflusst hat
  • Weil die AIDS- und PrEP-Behandlung die Gier der Pharmaindustrie anhand der Zugänglichkeit zur Behandlung zum Vorschein bringt
  • Weil PrEP ein Pakt mit dem Teufel des Kapitalismus ist und der Teufel gerne mit den Privilegierten und Wohlhabenden handelt
  • Weil der Preis von PrEP nicht von denjenigen diktiert wird, die am meisten von der Krankheit betroffen sind
  • Weil die Möglichkeit bestanden hat, eine Epidemie zu beenden, die eine ganze Generation dezimierte, die jedoch bewusst zurückgehalten wurde
  • Weil es unmenschlich ist, für Profit zu töten
  • Weil PrEP das Produkt jahrelanger Arbeit von AIDS-Aktivist*innen ist
  • Weil PrEP den Ethos der sexuellen Befreiung von vor der AIDS-Krise zurückbringt, dem jedoch noch immer das Stigma von HIV und AIDS der 80er, 90er und 2000er anheftet
  • Wegen der Rolle von PrEP in Hinblick auf die Kriminalisierung einer Nicht-Offenbarung des HIV-Status
  • Weil PrEP die Stigmatisierung von Infektion und Behinderung immer wieder neu hervorzurufen vermag
  • Weil PrEP die Angst vor Tod und Sterblichkeit aus einigen unserer Sexleben genommen hat
  • Weil PrEP die Retterin des Schwanzlutschers ist
  • Weil der Diskurs um AIDS die Ethik der Sexualität geprägt hat
  • Weil PrEP die Brücke zwischen Serodiskordanten, Infizierten und Nicht-Infizierten, zwischen Positiven und Negativen ist
  • Weil PrEP uns den Status ’negativ‘ gebracht hat und AIDS-Medikamente die ‚Viruslast unter Nachweisgrenze‘
  • Weil schwules Verlangen nicht von Moralismus, Religion, Stigma und Scham bestimmt sein sollte
  • Weil wir mit wem und mit so vielen ficken können sollten, wie wir wollen
  • Weil wir Bareback ficken, eine volle Ladung bekommen, besamt und vollgespritzt werden wollen, ohne uns dafür zu schämen
  • Weil unser Verlangen das Rückgrat unserer Communitys ist
  • Weil PrEP die digitale Cruisingkultur verändert hat
  • Weil PrEP die Darstellung sexueller Identitäten verändert hat
  • Weil PrEP die Aushandlung von Sexualkontakten verändert hat
  • Weil sich PrEP auf die Offenlegung des Serostatus ausgewirkt hat
  • Weil PrEP beeinflusst hat, wie wir uns darüber einigen, welchen Sex wir praktizieren
  • Weil PrEP Schwulenpornos und die Sexindustrie verändert hat
  • Weil die PrEP-Regimes dafür sorgen, dass jetzt als erlaubt gilt, was früher tabu war
  • Weil PrEP Sex Worker schützt
  • Weil PrEP nicht nur Männersache ist
  • Weil AIDS und PrEP gleichermaßen neue Communitys bilden wie alte auflösen
  • Weil PrEP durch eine Sozialpolitik der Ungleichheit weiter ausgebremst wird
  • Weil wir eine Hierarchisierung von Gesundheitskrisen ablehnen
  • Weil es keine Gesundheitskrise gibt, die schlimmer oder weniger schlimm oder wichtiger oder unwichtiger ist
  • Weil PrEP als Sieg über die AIDS-Epidemie und deren Ende gefeiert wird
  • Weil wir die Überlebenden und Erben einer Epidemie sind, die Millionen getötet hat

manifesto readerSPIT! standing for Sodomites, Perverts, Inverts, Together!, is a collective formed by artists, activists and writers Carlos Motta, John Arthur Peetz and Carlos Maria Romero. SPIT! wrote a series of manifestos that respond to contemporary pressing issues of sexual and gender oppression. SPIT! collaborates with a fierce group of artists who interpret, (in cases) rewrite, and perform them initially as part of Frieze Projects London 2017. Along side the performances they also published The SPIT! Manifesto Reader – an anthology of historical and contemporary queer manifestos post 1960. The reader is available online:  www.carlosmariaromero.com/spit-manifesto/

Wir bedanken uns bei SPIT! für die freundliche Gestattung der Veröffentlichung


Foto: Tupamaraz On The Streets, Raul Vidales, Bogotá 2018