Die Love Lazers sprechen am 27.7.2025 in Berlin auf der CSD-Demonstration auf dem IWWIT Hauptstadt-Truck (“Ich weiß was ich tu” ist die Bundeskampagne für schwule und queere Prävention der Deutschen Aids-Hilfe) – Motto: „PRIDE is our PROTEST – Nie wieder still!“…
..Ihr findet uns auf dem Truck 59, los geht’s an der Leipziger Straße um 12:00, wir sprechen gegen 16:00 und ziehen bis zum Brandenburger Tor (gegen 19:30). Hier unsere Rede
FÜR WEN AIDS IMMER NOCH EINE KRISE IST. FÜR WEN „UNDETECTABLE“ EIN GRUND ZUM FEIERN IST. WER FORDERT: THERAPIE FÜR ALLE AUF DIESER WELT! WER REALE STIGMEN NICHT EINFACH WEGWISCHT. WER NOCH TRAUERT, IN ZEITEN TOTALER MEDIKALISIERUNG. WER FÜR SEINEN SEROSTATUS GEBLOCKT WIRD. WER NICHT ZUM TEST GEHT. WER DIE PILLEN NICHT NIMMT. DIE FEIGWARZEN NICHT WEGKRIEGT. WER SICH ALS FEHLERCODE UNSTERBLICH MACHT. LONGTIME COMPANIONS: HABEN DAS STERBEN GESEHEN. FRISCH GEPOZZT. KONTAMINATION ALS MUTATION. WER TROTZ ROLLSTUHL UND STÜTZE IMMER NOCH NICHT ABGESOFFEN IST. DIE ZUKUNFT FEST IM BLICK. FÜR WEN HIV DAS BESTE IST, WAS UNS IM LEBEN JE PASSIERT IST. WIRD EIN VIRAL LAZER SEIN.
Anton Das war ein Kapitel des Manifests unserer Gruppe. Nach fünf Jahren ist jedes einzelne Wort immer noch genau so gültig wie am ersten Tag. Ich bin Anton, Menschenrechtsjournalist, geboren und aufgewachsen in Russland. Ich habe meinen HIV-positiven Status – durch schwulen Bareback-Sex bekommen, auch in Russland. Mein Heimatland hat mich jahrelang missbraucht, aber ich habe es erst verlassen, als Russland begann, seinen Nachbarn – die Ukraine – zu missbrauchen. Dieser blutige Krieg dauert nun schon seit dreieinhalb Jahren an. Ich habe seitdem in sieben europäischen Ländern gelebt, aber Berlin war immer mein Zuhause, seit ich weg bin.
Litos Und ich bin Litos. Hola! Ich bin Mediendesigner, Filmemacher und DJ. Ich bin eine Marica, eine lateinamerikanische und queere Person, geboren in Kolumbien, die seit 3 Jahren in Berlin lebt. „Marica“ ist ein lateinisches Wort, wie „Schwuchtel“, das früher eine Beleidigung war, aber jetzt benutzen wir es mit Stolz. In Kolumbien hatte ich keinen Zugang zu PrEP, bis ich das Land verließ,. Die meisten meiner Freund:innen sind HIV-positiv und die Zahl der Infektionen steigt immer noch rasant an. PrEP ist zwar offiziell verfügbar, aber es ist eine Lotterie, abhängig von der moralischen Einstellung des Arztes/der Ärztin, je naqch dem, wen man trifft. Das Verfahren ist kompliziert, weil unser Gesundheitssystem sehr basic ist. Für diejenigen, die nicht viel Geld haben, ist nichts fair. Und selbst für einen Arztbesuch stehen wir stundenlang in einer Schlange auf der Straße an. Auf lovelazers.org informieren wir darüber, wie man PrEP bekommt und verraten den Nutzer:innen alle Tricks. Aber noch immer müssen wir PrEP-Medikamente ins Land schmuggeln. Und immer noch infizieren sich Friends und Liebhaber:innen –- manche erst 20 oder 22 Jahre alt. – Das ist eine Schande!
Anton In Russland ist PrEP nicht nur unerreichbar – es gibt es einfach gar nicht. Und während die Epidemie still und leise wächst, fällte die Behandlung immer wieder durch die Maschen. Doch für viele endet die Krise schnell: Sie werden eingesperrt. Die Gefängnisse sind voll mit politischen Fällen. Andere werden in den Krieg geschickt -–ob sie HIV-positiv sind oder nicht -– und sie sterben dort. Die Glücklichen schaffen es, zu entkommen. Aber wir enden im Exil – immer noch HIV-positiv, immer noch ohne Pillen. Wir brauchen Zugang zu Behandlung für alle, die hier mit HIV leben – besonders für diejenigen, die gezwungen sind, ohne Krankenversicherung zu leben.
Litos In Kolumbien ist das Gesundheitssystem eine korrupte Industrie. Nichts funktioniert. HIV-positiv zu sein, kann bedeuten, dass man Schwierigkeiten hat, eine HIV-Behandlung zu finden. Angesichts der weltweiten Kürzungen der Mittel von UNAID und anderen Organisationen befürchten wir, dass noch mehr HIV-positive Menschen krank werden und sterben. Medikamente werden noch schwieriger zu bekommen sein, und wir rufen alle auf, gegen diese Kürzungen zu kämpfen! Sprechen Sie sich dagegen aus! Weniger Geld bedeutet: Das alte AIDS, von dem wir dachten, es sei vorbei, wird zurückkehren. Es bedeutet: Kein Ende für eine Epidemie, die durch eine einfache politische Entscheidung beendet werden könnte. Lasst uns dagegen iese queerphobische Scheiße zusammen kämpfen!!!
Anton Im heutigen Russland ist Hass keine Begleiterscheinung, er ist Strategie. Jede:r, der:die nicht in das Schema passt, wird zur Zielscheibe. Aber Schwule waren schon immer das einfachste Ziel. Vor zwei Jahren erklärte die russische Regierung eine imaginäre „LGBT-Bewegung“ zu einer extremistischen Organisation. Seitdem wurdenund werden Menschen nur deshalb verfolgt, weil sie schwul sind. Einer von ihnen war Andrei Kotov, der Gründer eines queeren Reisebüros in Samara. Er wurde verhaftet, des Extremismus angeklagt – und starb in der Untersuchungshaft. Die Behörden behaupteten Selbstmord. Doch die Folterspuren an seinem Körper sprachen eine andere Sprache: Er wurde umgebracht. Litos In Kolumbien sind viel Sexarbeiterinnen transsexuell. Sie arbeiten und leben auf der Straße. Und sie werden getötet. Jeden Tag. Die Lebenserwartung von Transfrauen liegt hier bei 35 Jahren! In der ersten Hälfte des Jahres 2025 wurden allein 15 von ihnen umgebracht! Es ist gefährlich, eine Marika zu sein. Das Leben generell ist gefährlich. Keine Arbeit, keine Krankenversicherung: Das einzige, was wir haben, sind wir und unsere Gemeinschaft. Lasst sie uns stärker machen! Lasst uns mit ihnen solidarisch sein, auch aus Berlin, aus Europa, aus dem globalen Norden!
Anton Es war die queere Community in Berlin, die mich vor drei Jahren aufrecht hielt, als ich zum ersten Mal hier ankam – verloren, krank und ein bisschen verängstigt. Lasst uns Berlin so erhalten, wie ich es kennengelernt habe: laut, leise, trotzig, freundlich und unterstützend!
Litos Auch hier in der BRD haben einige von uns Schwierigkeiten, HIV- oder PrEP-Medikamente zu finden, selbst wenn es Programme für Menschen ohne Krankenversicherung gibt. Aber: Für manche sind die Barrieren einfach unerreichbar. Vor allem ohne gute Kenntnisse der deutschen Sprache und Kultur. Und für die anderen sind die Schlangen auch lang. – Der Zugang zu medizinischer Versorgung, zu psychosozialer Betreuung und zu Angeboten für Drogengebraucher:innen ist vielen von uns verwehrt! Oft sind wir als Love Lazers die letzten, die gefragt werden. Aber wir können solche strukturellen Probleme nicht lösen. Ich spreche mich hier gegen diesen Albtraum aus! Lasst uns gemeinsam gegen Hierarchie und Stigmatisierung im deutschen Gesundheitssystem kämpfen! Gleiche Rechte für alle!
Anton Es gibt noch so viel mehr zu fordern! Doch bevor wir heute mit euch feiern und tanzen. Denn die Zeiten ändern sich, wir ändern uns: diverser, bunter und noch eigensinniger. Und sexy! – Es gibt keinen Planeten Erde ohne uns. Wir sind da und wir bleiben. Für globale Gerechtigkeit: Kiss local, act global!