Die gesetzlichen Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland zahlen ab 1. September 2019 für die ärztlich verschriebene Präexpositionsprophylaxe PrEP.
- Was ist neu für gesetzlich Versicherte in der BRD?
- Und wer nicht in der BRD gesetzlich versichert ist?
- PrEP auf Rezept: Weitersagen!
- Quellen & weitere Infos
# Was ist neu für gesetzlich Versicherte in der BRD?
Ab September 2019 werden in der Bundesrepublik die Kosten für die PrEP von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Das bedeutet, dass jede*r bei den Kassen zugelassene Ärztin/Arzt, PrEP begleiten, verschreiben und abrechnen darf. Möglich ist PrEP auf Rezept für Personen (ab 16 Jahren) mit einem erhöhten HIV-Übertragungsrisiko, was in einem persönlichen Vorgespräch abgeklärt werden muss. Dieses Risiko hast Du dann, wenn Du zu einer Gruppe gehörst, in der HIV-Infektionen häufiger vorkommen, z.B. Männer, die Sex mit Männern haben, Trans-Personen, intravenös Drogengebrauchende sowie Personen mit festen Partner*innen, die HIV-positiv und nicht “undetectable” sind. Heteros und auch lesbische Frauen gelten nicht unbedingt als besonders riskiert, allein weil sie ein aktives Sexualleben mit öfter wechselnden Partner*innen haben. Es müssen noch weitere Gründe vorliegen (z.B. Sex Work), um in den Genuss einer PrEP zu kommen.
Die Kosten für die ärztliche Begleitung, eine bestimmte Anzahl von Laboruntersuchungen pro Jahr sowie die Verschreibung entsprechender Präparate können jetzt abgerechnet werden (Abrechnungsschlüssel GOP 01920 bis 01922: • Beratung vor Beginn einer PrEP • Einleitung einer PrEP: Indikationsstellung [also die Abklärung, ob alle Kriterien für eine Verschreibung vorliegen], HIV- und HBV-Test, Arzneimittelverordnung • PrEP-Kontrolle).
PrEP-Präparate müssen auf einem Kassenrezept (und nicht – wie bisher – auf Privatrezept) verschrieben werden. Dieses Rezept kann dann einfach in der Apotheke eingelöst werden. Fällig wird hier (auch bei Online-Apotheken) eine Zuzahlung von etwa 5 EUR, es sei denn Du lässt Dich von Deiner Kasse von den Gebühren befreien (Kassenzettel einreichen!).
Festgelegt ist, dass für die Durchführung einer PrEP der persönliche ärztliche Kontakt (Besuche und Gespräche in der Praxis) notwendig ist. Weiterhin können begleitende STI-Tests ebenfalls turnusmäßig abgerechnet werden, und zwar regelmäßig bei Hepatitis B und C oder nach individueller, situativer Risikoprüfung bei Syphilis oder Chlamydien. Weiterhin werden die Kosten für Labortests zur Kontrolle der Nierenleistung (Bestimmung des Kreatinin-Werts) und regelmäßige HIV-Tests zur Überprüfung des Erfolges der PrEP übernommen.
Die neuen Regelungen betreffen allein die PrEP bei täglicher Einnahme. Die Einnahme “on demand” (bei Bedarf – also phasenweise nur zu Zeiten, in denen ein besonderes Infektionsrisiko besteht) bleibt weiter “Off-Label-Use”, also außerhalb der eigentlichen Zulassung für das Medikament (Verschreibung auf Risiko des Arztes/der Ärztin). Das bedeutet, dass für On-Demand-PrEP keine Kosten von den gesetzlichen Kassen übernommen werden und (offiziell) nur die tägliche PrEP auf Rezept verschrieben werden kann.
Im Moment ist PrEP für viele hausärztliche Praxen Neuland. Deine Ärztin/Dein Arzt kann sich aber relativ schnell anhand bestehender Leitlinien in die Materie einarbeiten und die Berechtigung erlangen, PrEP zu verordnen. Wenn Du Dir deswegen unsicher bist, geh zu einer Schwerpunktpraxis oder zu einem Checkpoint (z.B. Berlin) und mach dort die PrEP. Du brauchst keine Überweisung dorthin. Bei den Krankenkassen kann es anfangs zu Problemen mit der Abrechnung kommen. PrEP wird aber sicher bald zur Routine und somit unkompliziert gehandhabt werden.
# Und wer nicht in der BRD gesetzlich versichert ist?
Privatversicherte haben mit diesen neuen Regelungen keinen Anspruch auf Kostenübernahme durch ihre Versicherungen. Diese können die Kosten erstatten, müssen das aber nicht. Die Zukunft wird zeigen, wie die Privaten hier agieren. Wer als privat Versicherte*r eine PrEP machen will, sollte dies immer vorher mit seiner Kasse abklären.
Man kann sich PrEP weiterhin via Privatrezept verschreiben lassen. Die Präparate kosten dann pro Monatspackung etwa 40 bis 70 EUR in der Apotheke und sind möglicherweise noch günstiger im Internet zu bestellen. Auch Menschen ganz ohne Krankenversicherungsschutz gelangen nur auf diesem Wege an eine PrEP.
In der SCHWEIZ und in ÖSTERREICH muss man sich PrEP-Medikamente ebenfalls auf Privatrezept verschreiben lassen. Wie das genau funktioniert erklären wir hier: PrEP in Österreich und hier: PrEP Yourself in der Schweiz.
# PrEP auf Rezept: Weitersagen!
Wir begrüßen ausdrücklich, dass in Deutschland PrEP ab sofort zu den Kassenleistungen für gesetzlich Versicherte gehört. (Die neuen Regelungen sind ganz sicher ein Ergebnis und Erfolg PrEP-aktivistischer Arbeit in den vergangenen drei Jahren.) Jetzt können sich auch Personen, die sich das bisher nicht leisten konnten, frei für eine PrEP entscheiden und sich effektiv und ihren Bedürfnissen entsprechend vor HIV schützen. Wenn Du jemanden kennst, auf die oder den dies zutreffen könnte, berichte ihr oder ihm doch einfach von dieser neuen Regelung!
# Quellen & weitere Infos
- Die Abrechnungsmodalitäten im Detail (PDF)
- Bundesmantelvertrag des GKV-Spitzenverbandes
- Deutsch-Österreichische Leitlininen zur HIV-Präexpositionsprophylaxe bei AWMF oder bei DAIG – Deutsche AIDS-Gesellschaft (PDF)
- Meldung der Deutschen Aidshilfe: #PrEPIstDa
Du findest alles Wichtige zu PrEP in unserem Faltblatt „Ready for PrEP!“
© lovelazers 2019. foto „tristan“ von whit forrester 2016. harness (mit PrEP-pille) von 701 anyway (caroline-sophie frett und dorothée krings)